Über das Projekt
Das Projekt verfolgt und untersucht die Bewegungen von Artefakten, in diesem Fall mongolischen Ritualobjekten, durch unterschiedliche räumliche, sozio-politische und institutionelle Kontexte. Die Topographie und das „Wissen“ dieser Dinge sind mit kulturellen Transfers zwischen Europa und Asien, Wiener und mongolischer Wissenschafts- und Museumsgeschichte, politischer Unterdrückung und Demokratisierungsprozessen in der Mongolei sowie mit unterschiedlichen Arten von Mensch-Objekt-Interaktionen und der „Macht“ von Dingen verwoben.
Die Forschung konzentriert sich auf eine Sammlung im Weltmuseum Wien und deren Beziehung zu öffentlichen Räumen in der Mongolei wie Museen, buddhistischen Klöstern, öffentlichen Altären und rituellen Plätzen in der Naturlandschaft sowie privaten Räumen innerhalb von Jurten. Welchen Transformationen waren diese Räume in sozio-politischer Übergangsphasen unterworfen? Das Projekt intensiviert die Kooperation und setzt den Wissenstransfer zwischen mongolischen und österreichischen ForscherInnen und Institutionen fort. Prozesse der Transformation innerhalb des Weltmuseums Wien dienen dabei als Grundlage für den Vergleich.
Eine Kollektion aus der Mongolei im Weltmuseum Wien, die um die vorletzte Jahrhundertwende von Hans Leder gesammelt wurde, belegt zahlreiche Linien der Objektgeschichten: die Wege von öffentlichen Räumen wie rituellen Altären in der Naturlandschaft oder von sakralen Räumen innerhalb der Jurten in der Mongolei, deren komplizierter Transfer zu Wiener und anderen europäischen Museen sowie deren „Leben“ als Museumsobjekte. Durch diese Bewegungen wurden ihre Bedeutungen verändert, neue Beziehungen und Netzwerke geschaffen. Andere vergleichbare Objekte wurden nicht in europäischen Museen „konserviert“, sondern erfuhren in der Mongolei ein anderes Schicksal. Während der Verfolgungen in den späten 1930er Jahren mussten religiöse Artefakte zumindest aus dem öffentlichen Raum verschwinden. Wenige der Klöster blieben durch die Umwandlung zu öffentlichen Museen vor der Zerstörung verschont. Die Geschichten und Transformationen dieser Museen, von deren Entstehung bis zur Gegenwart, sind ein Forschungsschwerpunkt. Mit dem Übergang zur Demokratie und zur kapitalistisch orientierten Markwirtschaft wurden neue Museen geschaffen.
Museumssammlungen werden manchmal als Tresor betrachtet. Aber Tresor wofür? Für eine ambivalente Geschichte, Wege des Sammelns, eine Geschichte von Kulturen, die fragilen kulturellen Begegnungen, oder für ein (verlorenes) soziales Leben der Dinge? Im Bewusstsein dieser Ambiguitäten versucht die Forschung die Friktionen, Transformationen und Transitionen, Assemblagen, Erinnerungen und die Wirksamkeit von Dingen in Bezug auf (ethnographische) Museen und Sammlungsgegenstände zu präsentieren. Arten des Umgangs mit und das Ausstellen von ethnographischen Artefakten, inklusive wissenschaftlicher und künstlerischer Methoden des „Bewegens“ von Objekten und Wahrnehmungen, werden erarbeitet und in multi-perspektivischer Weise vorgestellt.
Projektdauer
Oktober 2013 bis Dezember 2018
Leitung
Dr. Maria-Katharina Lang
Institut für Sozialanthropologie I Österreichische Akademie der Wissenschaften
maria-katharina.lang@oeaw.ac.at
+43 1 525 24 - 5120
Projekthomepage
www.nomadicartefacts.net