Di, 28.3.
19 UhrKolonialismus heute? Von kolonialen Kontinuitätslinien und Dekolonisierung.
Podiumsdiskussion mit Sebastian Spitra, Zülâl Muslu, Michel Erpelding, Moderation: Walter Sauer
Diese Podiumsdiskussion schließt die Vorlesungsreihe Kolonialismus und Recht – eine wechselvolle Beziehung ab. Sie nähert sich aus verschiedenen Blickwinkeln der Dekolonisierung in ihren mannigfachen Erscheinungsformen. Zugleich wirft die Podiumsdiskussion die Frage nach kolonialen Kontinuitätslinien bis in die Gegenwart auf. Dabei werden unterschiedliche Bereiche innerhalb und außerhalb des Rechts betrachtet und die Ambivalenzen der Dekolonisierung zur Sprache gebracht.
Es diskutieren Walter Sauer (Wien), Zülâl Muslu (Tilburg), Michel Erpelding (Luxemburg) und Sebastian Spitra (Wien)
Dauer: 90 Min.
Teilnahme frei
Anmeldung online (begrenzte Teilnehmer*innenanzahl)
Treffpunkt: WMW Forum
Über die Redner*innen
Michel Erpelding ist Forscher an der Universität Luxemburg im Bereich Völkerrechts- und Europarechtsgeschichte. Er leitet das Forschungsprojekt Forgotten Memories of SupranationalAdjudication (FoMeSA), das vom Luxembourg National Research Fund unterstützt wird (C21/SC/15845902/FoMeSA). Hauptgegenstand des Projekts sind die Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen internationalen und hybriden Gerichten der Zwischenkriegszeit, sowohl innerhalb Europas als auch in kolonialen oder semi-kolonialen Räumen, und den ab den 1950er Jahren entstandenen supranationalen europäischen Gerichten. Bevor seiner Berufung an die Universität Luxemburg war er Senior Research Fellow am Max-Planck-Institut Luxemburg für Verfahrensrecht. Michel Erpelding ist promovierter Jurist der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne. Seine Dissertation über die völkerrechtliche Stellung von Sklaverei und Zwangsarbeit zwischen 1815 und 1945 wurde mehrfach ausgezeichnet und 2017 veröffentlicht. Er wurde im Juli 2022 als Experte vom Sonderausschuss Koloniale Vergangenheit der belgischen Abgeordnetenkammer angehört.
Zülâl Muslu ist Assistenzprofessorin für Rechtsgeschichte am Institut für Öffentliches Recht und Governance an der Tilburg Law School (Niederlande). Nach einem Master in Geschichte und Anthropologie des Rechts (Paris Nanterre) und einem zweiten Master in Public Governance und Diplomatie (Clermont-Auvergne) promovierte sie in Rechtswissenschaften an der Universität Paris Nanterre. Bevor sie an die Universität Tilburg kam, war sie stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Translations and Transitions am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie (Frankfurt) und anschließend Postdoc am Lehrstuhl für Globalisierung und Rechtspluralismus an der Universität Wien. Zülâl Muslu ist Expertin für Völkerrechtsgeschichte mit dem Schwerpunkt Naher Osten, insbesondere das späte Osmanische Reich. Sie hat in zahlreichen internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht und an mehreren Sammelbänden mitgewirkt. Außerdem hat sie in Paris und Wien Vorlesungen zur europäischen und globalen Rechtsgeschichte gehalten und Gastvorträge unter anderem in Brüssel, Mailand, Istanbul und Peking gehalten.
Walter Sauer forscht über österreichisch-afrikanische Beziehungen, lehrt am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien und ist Vorsitzender des Dokumentations- und Kooperationszentrums Südliches Afrika (SADOCC). Sein Buch über die Geschichte afrikanischer Zuwanderung und Community-Bildung in Österreich (mit einem Beitrag von Vanessa Spanbauer) erschien 2022.
Sebastian M. Spitra forscht und lehrt am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien und ist Mitglied der Jungen Akademie der Akademie der Wissenschaften und Literatur | Mainz. Er studierte Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität Wien und der University of Michigan als Fulbright Grantee und mit einem Grotius Scholarship. Sein Buch Die Verwaltung von Kultur im Völkerrecht. Eine postkoloniale Geschichte (Nomos 2021) wurde 2022 in Zürich mit dem Preis des 43. Rechtshistorikertags ausgezeichnet.
Kolonialismus und Recht – Eine wechselvolle Beziehung
Vortragsreihe von Sebastian M. Spitra
Die Vortragsreihe befasst sich mit dem Wechselverhältnis von Kolonialismus und Recht in der Geschichte der europäischen Expansion seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert. In der Neuzeit, die durch so umwälzende Prozesse wie die Aufklärung, die Industrialisierung und den Aufstieg des Kapitalismus geprägt wurde, erlangte die europäische Hegemonie über den Rest der Welt jedoch eine zuvor nicht erreichte Ausdehnung und zugleich Durchdringung von Gesellschaften. In vielen Erzählungen über die Geschichte des Kolonialismus wird das Recht lediglich als Mittel kolonialer und später imperialer Machtpolitik beschrieben. Die Vortragsreihe möchte dieses Bild erweitern, denn Kolonialismus und Recht waren mannigfaltig aufeinander bezogen. Recht war nicht nur ein Instrument zur Regierung von Kolonien, sondern es konstruierte die koloniale Konstellation umfassend mit zahlreichen Rückwirkungen auf die Metropolen. Es präfigurierte und öffnete Handlungshorizonte für unterschiedlichste Akteure. In drei Vorträgen wird diese wechselvolle Beziehung zwischen Kolonialismus und Recht in verschiedenen Perioden der Kolonisierung näher betrachtet. Zum Abschluss wird sich ein interdisziplinär besetztes Podium mit der Dekolonisierung und den heutigen Kontinuitätslinien des Kolonialismus auseinandersetzen.
Sebastian M. Spitra forscht und lehrt am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien und ist Mitglied der Jungen Akademie der Akademie der Wissenschaften und Literatur | Mainz. Er studierte Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität Wien und der University of Michigan als Fulbright Grantee und mit einem Grotius Scholarship. Sein Buch Die Verwaltung von Kultur im Völkerrecht. Eine postkoloniale Geschichte (Nomos 2021) wurde 2022 in Zürich mit dem Preis des 43. Rechtshistorikertags ausgezeichnet.