Islamische Chinoiserie aus dem MK&G

Sollten Sie weiterführende Hinweise zu den unten angeführten Objekten haben, wenden Sie sich bitte an silke.reuther@mkg-hamburg.de oder wibke.schrape@mkg-hamburg.de.

 

Tiefe Schale mit Kufi-Inschrift

Inv. Nr. 1969.20

Schüssel mit Palmettenornament

Inv. Nr. 1965.93

 

Saeed Motamad (1925–2013) sammelte und handelte seit 1953 Kunst und Antiquitäten aus dem Iran. Er firmierte bis in die 1990er Jahre in Frankfurt am Main. Seine ersten Geschäftsräume befanden sich in der Rhönstraße 62. In späteren Jahren verlegte Motamad die Kunsthandlung in den Johanna-Melber-Weg 16. Seine Handelsware bezog der gebürtige Iraner aus seinem Herkunftsland. Der Korrespondenz mit dem MK&G ist zu entnehmen, dass Motamad mit seinen musealen Kunden in einem engen Austausch stand. Dazu gehörten regelmäßige Besuche und auf die Sammlungen zugeschnittene Ansichtssendungen. „Auf meiner zweimonatigen Reise in Persien konnte ich außerordentliche Kunstwerke von der islamischen Zeit erwerben, von denen wohl manche zur Ergänzung Ihrer Sammlung in Frage kommen können. Die Gegenstände befinden sich noch auf dem Transport hierher.“1 Er machte MK&G Direktor Erich Meyer (1897–1967) das Angebot, auf dem iranischen Kunstmarkt nach gewünschten Objekten zu suchen. Über seine Quellen ließ Motamad nichts verlauten, so dass nicht einzuschätzen ist, inwieweit er mit Kulturgütern aus Raubgrabungen handelte. Ein Firmenarchiv oder ein persönlicher Nachlass haben sich nicht erhalten. Die Sammlung von Saeed Motamad wurde 2013 von Christie’s in London versteigert.2

 

Schale mit flechtähnlichem Dekor

Inv. Nr. 1956.154/St.50

Die Schale ist eine Dauerleihnahme von der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen. Sie wurde 1956 zusammen mit fünf weiteren Keramiken aus islamisch geprägten Ländern für die Sammlung des MK&G beim Kunsthändler Wilhelm Henrich (1906–1980) in Frankfurt am Main erworben. Henrich hatte sie am 12. April 1956 zusammen mit zwei weiteren Objekten aus diesem Konvolut im Stuttgarter Kunstkabinett bei Roman Norbert Ketterer ersteigert.3 Angaben zur Provenienz liefert der Auktionskatalog nicht.

Henrichs Profil als Kunsthändler war breit angelegt. Nachdem er in der NS-Zeit als Schätzer und Verwerter privater jüdischer Kunstsammlungen tätig war, wurde er von den amerikanischen Alliierten bis 1949 mit einem Berufsverbot belegt. 1953 kam er über den Verkauf der restituierten Sammlung Carl von Weinberg (1861–1943) mit dem MK&G in geschäftlichen Kontakt. Die im Archiv bewahrte Ankaufskorrespondenz dokumentiert, dass Henrich dem MK&G gezielt „persische“ Keramiken zusandte, weil er von einem Ausstellungsvorhaben in Hamburg gehört hatte. Hinweise auf die Provenienz liefert der Briefwechsel nicht. Ein persönlicher Nachlass oder geschäftliche Unterlagen haben sich von Wilhelm Henrich nicht erhalten.

 

Seladonfarbige Fayenceschale

Inv. Nr. 1906.753

Laut Eintrag im Inventarbuch war die Schale ein Geschenk des Kunstsammlers Charles Lang Freer (1854–1919) in Detroit. Freer und Justus Brinckmann (1843–1915) begeisterten sich gleichermaßen für außereuropäische Keramik. Freer besaß Brinckmanns erste Monografie über den japanischen Künstler Ogata Kenzan und orientierte sich auch an den Erkenntnissen seines Hamburger Kollegen.

Beim Sammlungsaufbau war Brinckmann auf Geschenke und Stiftungen angewiesen und verstand es, viele Sammler und Mäzene für das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zu begeistern. Das Geschenk aus dem Jahr 1906, als Freer seine Sammlung den USA stiftete, lässt sich als Wertschätzung für Brinckmann interpretieren. Eine Vorprovenienz ist im Zugangsbuch nicht angegeben. 

 

Schale mit Blütenmotiv

Inv. Nr.2005.42/St. 452j

Wasserpfeifengefäß

Inv. Nr. 2004.197/St. 452d

Harry Dittrich Hellebronth von Tiszabeö (1924–2003) war ein Kunstsammler aus Hannover. Er interessierte sich für Keramik und Glas aus islamisch geprägten Ländern, die er ab Mitte der 1970er Jahren sammelte. Den Grundstock seiner Sammlung bildete alter familiärer Kunstbesitz. Ein handschriftliches Sammlungsinventar, datiert auf den 2. Februar 1993, liefert, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt des Erwerbs oder zu den Quellen. Die Provenienzen sind mit Kunsthandel Berlin, Frankfurt am Main oder London und Paris allgemein gehalten. Nach Hellebronths Tod ging die Sammlung in den Besitz seiner Ehefrau über, die sie auflöste und ab 2004 anteilig an das MK&G verkaufte.

Die Sammlung ist im Rahmen der systematischen Provenienzforschung am MK&G untersucht worden. Für keines der im Museumsbesitz befindlichen Stücke konnte die Provenienz gesichert ermittelt werden, weil sich die Angaben des Sammlers nicht verifizieren ließen oder der kontaktierte Kunsthandel die Anfragen nicht beantwortete. Den Großteil der Objekte bezog Hellebronth nach gegenwärtigem Kenntnisstand über den Londoner Kunstmarkt. Eine engere Verbindung bestand zur Mansour Gallery in London und vermutlich auch zu Saeed Motamad in Frankfurt am Main. Ob die Objekte infolge von Raubgrabungen in den Kunsthandel gelangten oder im Rahmen kriegerischer Auseinandersetzungen in den Herkunftsländern ausgeführt wurden, lässt sich mit gegenwärtigem Kenntnisstand nicht beurteilen.

 

Wasserpfeifengefäss

Inv. Nr. 1909.107

Das Gefäß erwarb Museumsdirektor Justus Brinckmann (1843–1915) im Pariser Kunsthandel. Michael Savostine (1860–1924) stammte aus St. Petersburg und betrieb in der französischen Hauptstadt eine Kunsthandlung. 1924 ist er in Paris gestorben. Angaben zur Vorprovenienz sind im Inventarbuch des MK&G nicht dokumentiert.

 

Schale mit Lüsterdekor

Inv. Nr. 1893.230

Die Fayence-Schale stammt aus der Kunsthandlung Kelekian in Paris. Dikran Garabed Kelekian (1868–1951) war ein armenischer Kunstsammler und Kunsthändler. Er studierte in Istanbul Archäologie und setzte seine Ausbildung in Paris fort. 1891 eröffnete er seine Kunsthandlung in der Rue Rossini 10. Filialen in New York und Kairo folgten. Kelekian spezialisierte sich auf Kunst aus dem Nahen Osten und auf mittelalterliche Kunst aus islamisch geprägten Ländern. Er galt als Experte für persische Keramiken. Während seiner Paris-Reise besuchte Justus Brinckmann die Kunsthandlung und erwarb die Fayence-Schale. Hinweise auf die Vorprovenienz sind in den Zugangsbüchern des MK&G nicht erfasst.

 

Teller

Inv. 1906.215

Der usbekische Motivteller wurde von Justus Brinckmann (1843–1915) in der Kunsthandlung Tabbagh Fréres & Cie in Paris erworben. Die Kunsthandlung, die in Paris in der Rue Rossini 8 firmierte, betrieb auch eine Filiale in New York und führte dort Versteigerungen durch. In den Auktionskatalogen sind zu den Kunstobjekten keine Provenienzen angegeben. Die Qualität der von Tabbagh Fréres & Cie. gehandelten Kunstgegenstände war nicht unumstritten. Der Orientarchäologe und Sammler islamischer Kunst Friedrich Sarre (1865–1945) hegte Zweifel an deren Originalität und bemängelte das Fehlen weiterführender Angaben zu den Objekten.4 Sarre war Leiter der islamischen Sammlungen im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin (heute Bode-Museum) und zählte zu Brinckmanns Beratern. Der Eintrag im Inventarbuch des MK&G beschränkt sich ausschließlich auf die Beschreibung. Angaben zur Vorprovenienz sind dort nicht vermerkt.

 

Silke Reuther, Wibke Schrape

 

MK&G Archiv: Anfr.62, Saeed Motamad an Erich Meyer, Brief vom 12.10.1956.

2 Christie’s, London South Kensington, 224.2013 und 7.10.2013.

3 Stuttgarter Kunstkabinett „Außereuropäische Kunst, China, Persien, Peru, Naturvölker“, 23. Auktion, 12.4.1956, Lot 486.

4 Mitteilungen des Museen-Verbandes als Manuskript für die Mitglieder gedruckt und ausgegeben im März 1907, S. 2–3, Siehe dazu:  https://www.digishelf.de/objekt/PPN616534280_190703/3/ (Zugriff 14.12.2021)

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